Naturstoffe für das Outfit des Mannes

Nachhaltigkeit ist eines der Schlagworte unserer Zeit. Alles soll Öko, Bio oder gar Veggie sein, zumindest beim Essen. Zu einer nachhaltigen Wirtschaft gehören aber nicht nur naturbelassene Lebensmittel, sondern auch Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen. Das beim Bauen dem Götzen Wärmedämmung mit ökologisch durchaus fragwürdigen Materialien gehuldigt wird, ist eine Sache. Eine andere, dass im Bereich der Outdoorkleidung offensichtlich nur Hightech-Materialien funktionieren; Leder, Baumwolle und Wolle scheinen hier überhaupt keinen Stellenwert mehr zu besitzen.

Sieht man sich im Netz nach Outdoor-Bekleidung um, findet sich ein reichhaltiges Angebot an Hosen, Jacken und dergleichen – aber praktisch alles aus Hightechmaterialien und Synthetikfasern. Ähnlich sieht es bei Arbeitskleidung aus. Die altbekannten Materialien, Leder, Baumwolle und Wolle wird man kaum bis gar nicht mehr finden – jedenfalls nicht als Material für als solche angepriesene Outdoor-Bekleidung.

Altmodische Gerberei
So oder so ähnlich wurde Leder früher auch bei uns hergestellt: Eine stinkige und unangenehme Arbeit (Bild: Foto von form PxHere/Lizenz: PD)

Man könnte glatt meinen, dass die Leute früher bei der Arbeit und im Freien ständig durchgeschwitzt, durchfroren und/oder durchnässt waren. Schließlich hatten sie keine Arbeits- bzw. Outdoorkleidung aus den tollen modernen Materialien. Aber das täuscht. Ein effektiver Schutz gegen Witterungseinflüsse ist nämlich auch mit den natürlichen Materialien Leder, Baumwolle und Wolle – letzteres auch in Form von Loden – möglich. Ich behaupte, dass Kleidung aus diesen Stoffen, moderner Funktionsbekleidung mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen ist.

Ich persönlich bin im Hinblick auf Öko und Bio nicht dogmatisch. Aber ich habe auch nicht gerne Gift um mich herum. Und ich finde es interessant, festzustellen, was sich alles mit althergebrachten Materialien auf Gebieten erreichen lässt, auf denen HighTech-Stoffe als quasi unverzichtbar angepriesen werden. Beim Bauen, Wohnen, Essen und auch bei der Kleidung.

Leder, Baumwolle und Wolle – welches Material für was?

Die drei wichtigsten Naturstoffe für Kleidung haben natürlich ihre speziellen Einsatzbereiche. Wenn man so will, könnte man auch sagen, man kann sie zur Funktionsbekleidung kombinieren. Nehmen wir ein Beispiel: Wenn ich Motorrad fahre, dann besteht meine äußerste Hülle aus einer Lederjacke, einer Lederhose und ledernen Stiefeln. Leder ist zunächst einmal winddicht und hält auch Regen und Schnee eine ganze Weile ab. Trotzdem atmet es.

Unter der Lederjacke trage ich am liebsten einen Wollpullover. Wolle hält nicht nur warm, sondern ist auch luftdurchlässig. Aus Wolle sind auch meine Socken, am liebsten habe ich selbst gestrickte. Richtige Wollsocken in der Art wie eben die selbst gestrickten, sind nicht einfach zu bekommen. Am ehesten findet man sie noch auf Krämermärkten und Basaren. Wollene Socken funktionieren bei 30° minus in warmen Wintersstiefeln genauso wie bei 30° plus in Turnschuhen. Das wollene Fell eines Schafes ist nämlich seine Klimaanlage.

Leder. Baumwolle und Wolle - lederhose, Lodenjanker
Gleich mindestens zwei Naturstoffe – Leder und Wolle – finden sich auf diesem Bild, auf dem traditionelle Alpenländler in traditioneller Kleidung zu sehen sind: Lederhose und Lodenjoppe (Wollfilz) sind heute stylische Klamotten für das trachtige Outfit; entwickelt wurden sie aber als praktische Bekleidung aus örtlich vorhandenen Materialien für den ländlichen Alltag in den Bergen – Bei der Kleidung der Mädels dürfte übrigens Leinen oder Beumwolle dominieren (Bild: /Historisch)

T-Shirt und Unterhose habe ich am liebsten aus Baumwolle. Sie saugt Schweiß auf und bleibt trotzdem dabei angenehm auf der Haut. Auch Arbeitskleidung habe ich am liebsten aus dem guten, alten Baumwollköper – in Form des traditionellen Blauen Antons bzw. einer Latzhose.

Leder

Der nächste im Bunde von Leder, Wolle und Baumwolle, das Leder, gegerbte Tierhaut also, ist ein nachwachsender Rohstoff und fällt bei der Gewinnung von Nahrung aus Tieren nebenbei an. Es ist von einer Vielzahl winziger Hohlräume durchsetzt. Daher ist es, obwohl winddicht, luftdurchlässig und kann eine ganze Menge Wasser aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen. Das ist der Grund dafür, dass es sich sehr gut für wetterfeste Bekleidung eignet.

Ähnlich wie beim Holz von unterschiedlichen Baumarten hat das Leder unterschiedlicher Tierarten seine jeweils besonderen Eigenschaften – und damit Anwendungsbereiche. Am robustesten dürfte wohl Rindsleder sein. Es wird vielseitig verwendet, zum Beispiel für Schuhe, robuste Lederhosen und Motorradlederjacken. Auch für lederbezogene Polstermöbel, die für mich auf diesem Gebiet das Größte sind, genauso wie Ledersitze im Auto. Es ist auch recht preiswert, weil es auf dem Schlachthof in großen Mengen anfällt.

Leder, Baumwolle und Wolle - Motorrad-Lederjacke
Für mich gehört zum Motorrad die Lederjacke – und natürlich auch die Lederhose (Bild: Selfie)

Leichtere Lederbekleidung stellt man aus Schweinsleder, Lammleder und Ziegenvelours her. Lammleder ist reißfester, aber auch teurer als Schweinsleder. Hochwertige elegante Handschuhe macht man aus dem Leder von Nabelschweinen, die auch unter dem Namen Peccary bekannt sind.

Eine Besonderheit sind Motorradklamotten aus Känguruleder. Das ist kein Snobismus und keine modische Spinnerei. Känguruleder hält nämlich um einiges mehr aus als Rindsleder. Und richtig edle krachlederne sind aus Hirschleder. Noch mehr über Leder kannst Du übrigens hier erfahren.

Leder, Baumwolle und Wolle: Baumwolle

Wie Hanf und Leinen ist Baumwolle eine Pflanzenfaser. Textilien kann man selbstverständlich auch winddicht weben. Sie bleiben dabei aber auch luftdurchlässig. Natürliche Fasern sind in sich porös und atmen daher wesentlich besser als Kunstfasern. Auf schwitzender Haut ist Baumwolle das beste, was ich kenne. Sieht man einmal von den Füßen ab, die ich am liebsten in Wollsocken stecke, möchte ich direkt auf der Haut möglichst nur Baumwolle haben.

Oh, when them cotton balls get rotten… Baumwolle trägt sich gut auf der bloßen Haut, auch wenn man schwitzt… (Bild: USDA NRCS Photo Gallery/Lizenz: PD)

T-Shirts, Unterhemden und Unterhosen sollten also aus diesem Material sein. Wem gestrickte Wollsocken zu derb sind, der ist mit Baumwollsöckchen auch recht gut bedient. Und schließlich fühle ich mich beim Arbeiten in traditionellen Arbeitsklamotten aus Baumwollköper wohl. Deutschleder, aus dem man zum Beispiel traditionelle, zünftige Hosen für Zimmerleute und Maurer macht, ist kein Leder, sondern ein sehr dichtes Baumwollgewebe. Solche Hosen gibt es auch aus Cord, und auch hier lässt sich solcher aus 100 % Baumwolle finden.

Baumwolle eignet sich also nicht nur für Wäsche, die man direkt auf der Haut trägt. Es gibt auch Stoffe für Oberbekleidung – und dabei recht strapazierfähige – aus dieser Naturfaser. Und die sind natürlich auch angenehm zu tragen, wenn man schwitzen muss wie etwa bei der Arbeit.

Baumwolle ist zwar nicht feuerfest, fängt unter Umständen sogar Feuer, aber brennt dann verhältnismäßig harmlos. Ich habe mir schon mal beim Flexen ein Hosenbein meiner Arbeitshose aus Baumwollköper angezündet. Ärgerlich, aber nicht besonders gefährlich, denn diesen Hosenbrand konnte ich leicht mit der bloßen Hand ausklopfen. Ich möchte lieber nicht wissen, was passiert wäre, wenn meine Arbeitshose aus Kunstfaser gewesen wäre…

Wolle

Bei näherem Hinsehen ist Wolle ein sehr vielseitiger Textilwerkstoff. Sie begegnet uns als grobe Strickwolle; das ist das erste woran man wohl denkt. Aus Wolle lassen sich aber auch sehr feine Fasern spinnen, aus denen sich dann auch feine Tuche weben lassen. Und auch hier ist die Palette breit: Sie reicht vom groben, wetterfesten Tweed bis zu feinen Stoffen für vornehme Anzüge. Wer also Wert darauf legt, kann sich nicht nur rustikal, sondern auch piekfein in 100 % Naturstoffe kleiden: Auch das Seidenhemd und die Krawatte aus dem gleichen Material sind ja Naturprodukte, Lederschuhe und baumwollene Wäsche ebenfalls. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern auch angenehm zu tragen.

Wolle kommt aber nicht nur in Form von Strickwaren und gewebten Stoff daher. Man kann aus ihr auch Filz herstellen. Zum Beispiel für wetterfeste Hüte. Loden, den wir hauptsächlich mit Trachtemode in Verbindung bringen, ist zwar ein Gewebe, aber gleichzeitig auch eine Art Filz: Nach dem Weben wird es durch Walken verfilzt. Wie die Krachlederne ist die Lodenjoppe zwar heute ein stylishes Stück für das alpenländische Outfit, ursprünglich aber auch ein funktionales Kleidungsstück.

Leder, Baumwolle und Wolle - trachtiges Outfit
Zweimal Wolle, zweimal Leder: Lodenjoppe, Strickpullover, Lederhose und lederner Falknerhandshuh (Bild: C.B.)

Zu den anderen guten Eigenschaften von Wolle kommt beim Loden noch hinzu, dass er beinahe schon wasserdicht ist, trotzdem aber atmet. Eines meiner liebsten Bekleidungsstücke ist ein mittlerweile schon über 20 Jahre alter Lodenjanker. Obwohl aus 100 % Wolle, war er noch nicht einmal besonders teuer. Leider ist Loden aus 100 % Wolle derzeit recht schwierig zu bekommen. Selbst die stolzpreisigen Produkte namhafter Trachtensmodenhersteller enthalten Kunstfasern.

Eigentlich trage ich meinen Lodenjanker ja in der Zivilisation. Einmal aber stand im Rahmen einer winterlichen Geburtstagsfeier ein Spaziergang bei erheblichen Minusgraden an und ich hatte nur meine Lodenjanker dabei. Also knöpfte ich ihn von oben bis unten zu und war selbst erstaunt, wie warm mich dieses einfache Kleidungsstück hielt. Ein andermal bin ich mit diesem famosen Teil über zwei Stunden bei Regen im Wald spazieren gegangen, ohne dass es einen Tropfen Wasser durchgelassen hätte. Auch hier war ich selbst erstaunt.

Selbst der Eunuch, der Hodenlose
Schätzt die robuste Lodenhose!

Einer von Fokkos (Nicht immer und bei allen Leuten) beliebten Sprüchen

Loden bekommt man nicht nur in Form von Trachtenmode. Im Jagdbedarf gibt es zum Beispiel Windjacken in neutralem Schnitt aus diesem Stoff. Und ich trug als Teenager im Winter gerne meinen Trenchcoat aus Loden, der mir leider schon lange zu klein geworden ist. Ich bin der Meinung, dass hinsichtlich der Wetterfestigkeit Loden das Nonplusultra für Outdoor-Bekleidung ist.

Alpakawolle

Wolle kommt ja hauptsächlich von Schafen, seltener von Ziegen, Kamelen oder Kaninchen. Natürlich kennt man Kamelhaar als teuren Stoff für hochwertige Oberbekleidung. Das Alpaka, ein Lama aus Südamerika, gehört auch zu den Kamelen. Seine Wolle ist ein geniales Zeug, dass die an sich schon guten Eigenschaften von Wolle gewissermaßen noch potenziert.

Um 1980 herum waren in der alternativen Szene indianische Pullover aus Alpakawolle beliebt. Auch ich besaß so ein Stück und würde viel darum geben, wenn ich so etwas noch hätte. Durch das grob gestrickte Gewebe konnte man buchstäblich hindurch sehen. „Wie mit dem Kochlöffel gestrickt,“ lästerte meine Mutter, als ich diesen Pullover aus dem Öko-Laden nach Hause brachte. Trotzdem war dieser Pullover unglaublich warm, wenn es kalt war.

Leder, Baumwolle und Wolle- Zimmerleute in Kluft aus Baumwolle
Die Kluft des Zimmermanns muss bei der Arbeit funktional sein und auf der Reise auch noch gut aussehen: Baumwolle spielt dabei eine wichtige Rolle (Bild: Cograng/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 4.0 Internationa)

Das genialste aber war: Obwohl dieses Teil so haarig war, dass es einen schon juckte, wenn man ihn nur ansah, kratzte er kein bisschen. Man konnte ihn in der größten Sommerhitze auf der bloßen Haut tragen. Nun, wie gesagt, hat laut einer Werbung für Wolle jedes Schaf Anspruch auf eine Klimaanlage. Und ein Alpaka braucht eine noch viel leistungsfähigere Klimaanlage, weil in den Anden Hitze und extreme Kälte schnell wechseln können. Und offenbar daher sind die besonderen Eigenschaften von Wolle bei der Alpakawolle ganz besonders ausgeprägt.

Andere Naturstoffe

Außer Leder, Baumwolle und Wolle gibt es natürlich auch noch ein paar andere Naturstoffe, die man für Kleidung verwenden kann. Hanf und Leinen sind ebenfalls Pflanzenfasern, die sich zur Textilherstellung eignen. Bei Leinen fällt mir vor allem leichte Sommerbekleidung ein. Ich trage im Sommer gerne einmal ein Leinenjackett. Hanf spielt seit einiger Zeit im Öko-Bereich eine Rolle. Man kann aus ihm aber auch noch eine ganze Menge anderer Sachen machen. Aber das ist eine besondere Geschichte.

Ebenfalls für Gewebe verwendbar sind die Fasern der Brennnessel, einer ähnlich interessanten Pflanze wie der Hanf eine ist. Der so genannte Nesselstoff wurde früher tatsächlich aus Brennnesselfasern hergestellt. Vor einigen Jahren versuchte sich ein kleines Unternehmen mit der Herstellung von hochwertigen Oberhemden aus diesem Material. Da ist wohl nichts draus geworden, denn man findet im Netz nichts mehr darüber.

Was ich mit keinem der hier genannten Materialien – Leder, Baumwolle und Wolle – erreichen lässt, ist absolute Wasserdichtigkeit. Das schafft auch kein Hightechmaterial, wenn es atmungsaktiv sein soll. Wenn etwas richtig wasserdicht sein soll, darf es keine Poren haben. Wenn es richtig regnet, verwende ich bei der Jagd einen Regenponcho von der Bundeswehr. Der ist natürlich aus Kunststoffgewebe. Wenn man unbedingt einen nachwachsenden Rohstoff für wirklich regendichtes Zeug haben möchte, geht das aber doch: Gummi ist letztendlich auch ein pflanzliches Produkt und nachwachsend. Das gilt natürlich nur für echtes Naturgummi, nicht für künstliches, welches heute wohl dominiert.

Halt! Eine Möglichkeit fällt mir noch ein: Man kann Textilien mit Leinöl wasserdicht machen. Das hat man früher auch getan und da kommt der Begriff „Ölzeug“ für den wasserdichten Anzug des Seemanns her.

Vegane Klamotten?

Vegan und Kleidung? Tja, da sieht es schlecht aus. Vegan und Öko – so seltsam das klingt – schließen sich bei der Bekleidung mehr oder weniger aus. Zumindest wenn man nicht nur bei schönem Wetter aus dem Haus gehen will. Leder, Baumwolle und Wolle – nur die Baumwolle kann vegan sein.

Wolle ist ein nachwachsender Rohstoff – aber für veganer tabu (Bild: Adrian Dorobantu/Lizenz: Pexels)

Leder entsteht beim Töten von Tieren, geht für Veganer also schon mal gar nicht. Für die Gewinnung von Wolle werden die Tiere zwar nicht getötet; trotzdem wird sie von Veganer abgelehnt. Das ist ähnlich wie mit der Milch: Überzählige Kälber, zumindest männliche werden geschlachtet und das ist wohl mit männlichen Lämmern bei den Schafen nicht anders. Außerdem lehnen ganz strenge Veganer jegliche Nutzung von Tieren – sogar die Hundehaltung – ab, weil sie Ausbeutung von Tieren ist.

Ganz eng wird es bei den Schuhen: Ich kenne keine auch nur einigermaßen wasserfesten Schuhe aus Pflanzenfasern. Denkbar wäre hier höchstens Ölzeug. Einigermaßen ersetzen lässt sich aber Leder bei Schuhen nur durch Kunstleder oder dergleichen. Und das wird mithilfe der Chemieindustrie aus Erdöl gemacht. Theoretisch geht das tatsächlich auch ohne, denn genau so wie künstliches Benzin und Dieselöl kann man auch die Kohlenwasserstoffe erzeugen, die für Kunststoffe und andere Erdölprodukte verwendet werden. Letztendlich sogar mit Wind- und Sonnenstrom, so das zumindest theoretisch auch hier nachhaltige Lösungen möglich sind. Praktisch wird das aber noch nicht gemacht.

Leder, Baumwolle und Wolle – Mein Fazit

Nachhaltigkeit bei Klamotten ist also machbar. Allerdings kann man dabei bisher noch nicht auf tierische Produkte verzichten.Das wird aber wohl nur eine kleine Anzahl von Menschen stören. Für den, der eine – natürlich möglichst humane – Nutzung von Tieren akzeptiert, bieten tierische Materialien jede Menge Möglichkeiten für nachhaltige Outdoor-Bekleidung.